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~ Clownerie & Theologie

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Kategorien-Archiv: Predigten

ANDERE ACHTEN – Gegen das Vergessen – zu Phil 2,3-4 – am 27. Januar 2019, Gedenktag der Befreiung von Auschwitz in 1945

27 Sonntag Jan 2019

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Meine Predigt vom Volkstrauertag 2007, gehalten am 18. November in der Klosterkirche Vechta.

 

PREDIGT

Liebe Gemeinde, ausnahmsweise haben Sie alle unseren Predigttext direkt vor Augen – er ist in der Liederzeitung mit abgedruckt Da steht, wie der Apostel Paulus an die Christen in Philippi schreibt:

3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,

4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. (Phil 2,3-4)

In Demut achte einer den andern höher als sich selbst – diesem Teilvers ist das Thema unseres Gottesdienstes entnommen: andere achten!

Das klingt – jedenfalls in meinen Ohren – ganz leicht, ganz einfach: andere achten – na klar, das ist doch selbstverständlich, das ist doch normal … andere achten – natürlich tue ich das!

Gestern hieß es in Vechta wieder – wie schon am 1. Mai diesen Jahres: Bunt statt braun! Viele sind aufgestanden gestern gegen die Kundgebung der NPD … sicherlich auch, weil die Neonazis eben nicht „andere achten“,  sondern die, die anders sind als sie, am besten gleich ver-achten!

Andere achten – also doch nicht so normal, so natürlich, so selbstverständlich?

Noch etwas von gestern – aus unserer Kirchengemeinde: mit 20 Konfirmanden und einigen Ehrenamtlichen waren wir gestern unterwegs – nach Hamburg … und wie in jedem Jahr, führte uns unsere Fahrt nicht in die City oder auf die Reeperbahn, sondern an 2 Gedenkstätten in Hamburg für die Opfer der Nationalsozialismus.  Wir besuchten eine ehemalige Schule, in der nur wenige Tage vor Kriegsende 20 jüdische Kinder, an denen zuvor medizinische Experimente vorgenommen worden waren, nebst ihren Pflegern ermordet wurden … um alle lebenden Beweise für dieses menschen-ver-achtende Handeln vor dem Eintreffen der Engländer zu vernichten.

20 jüdische Kinder, denen gesagt wurde: Ihr werdet jetzt geimpft und dann fahrt ihr nach Hause – und stattdessen bekamen sie Morphium gespritzt, um sie schläfrig zu machen und wurden erhängt … und weil die Kinder für diese Tötungsmethode des Erhängens viel zu leicht waren, hängten sich ihre Henker an die kleinen Kinderkörper, damit sich die Schlingen überhaupt zuzogen …. andere achten?

Im ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme erfuhren die Konfirmanden, wie die Lagerinsassen konsequent nicht ge-achtet wurden … schon bei ihrer Ankunft im Lager wurden den Häftlingen aus ganz Europa  ihre Würde genommen: all ihre Körperhaare und Kopfhaare wurden abrasiert … sie bekamen einheitliche Häftlingskleidung versehen mit einem farbigen Abzeichen … einem Winkel:

grün bekamen die rechtskräftig verurteilten Schwerverbrecher,

rot die politischen Gefangenen,

braun die Sinti und Roma, die Zigeuner,

schwarz die sogenannten Asozialen

rosa die Homosexuellen …

dazu kam das Nationalitäten-Kennzeichen,

etwa ein P für Polen

oder ein B für Belgien,

und dann die Häftlingsnummer …

So verloren die Häftlinge schon bei ihrer Ankunft im Konzentrationslager ihren Namen, ihre Würde, ihre Identität … ihre Achtung!

Andere miss-achten, andere ver-achten … so funktionierte dieses Konzentrationslager!

Die SS, die dieses Lager leitete, verachtete alle Lagerinsassen … die mit dem grünen Winkel, die rechtskräftig verurteilten Schwerverbrecher, standen in der Lager-Rangordnung ganz oben, über denen mit dem roten Winkel, den Politischen … und die mit dem schwarzen Winkel, die Asozialen … das waren zum Beispiel die Obdachlosen, die Behinderten, die lesbischen Frauen und die mit dem rosa Winkel, die Homosexuellen, die standen ganz unten in der Lager-Hierarchie …

Allen wurde die Würde genommen, die Achtung, der Respekt vor dem Individuum … die Achtung als Mensch!

Den anderen achten – liebe Gemeinde, sicher haben Sie gemerkt, dass eben nicht normal ist, natürlich … oder gar selbstverständlich! Jedem Mitmenschen Menschenwürde, Achtung zu zuerkennen … das fällt auch Christenmenschen manchmal schwer! Andere so sein lassen, wie sie sind. Nicht andauernd verän­dern wollen. Sondern den Menschen, das Gegenüber, so an­nehmen, wie er, wie sie ist ist, wie Gott ihn oder sie geschaffen hat.

Warum fällt uns das manchmal nur so schwer?

Macht es Angst, Andere oder Anderes zu erleben, Fremdem ins Auge zu sehen? Achtung vor anderen haben ist eine not­wendige Bedingung für das Gelingen von Prozessen des Friedens, der Gerechtigkeit und der Versöhnung. Wenn ich Andere und Anderes, mir Fremdes achte, dann schließt das jede Art von Rassismus und Extremismus grundlegend aus – auch daran sollten wir uns heute erinnern.

Wer einen an­deren Menschen, egal welcher Religion, Konfession, Hautfar­be, Ethnie, Nationalität, Kultur oder auch nur Meinung nicht achtet, nur weil dieser anderer Religion, Konfession, Hautfar­be, Ethnie, Nationalität, Kultur oder Meinung ist, kann sich meines Erachtens nicht guten Gewissens Christin oder Christ nennen.

Andere achten heißt: sie so zu akzeptieren und zu lieben, wie Gott sie geschaffen hat. Und den Versuch machen, zu verstehen, was Gott mit dem Anderen und seiner Andersartigkeit der Welt sagen will. Also: Anderes ist keine Bedrohung. Anderes ist eine Bereicherung.

Paulus ermahnt und kritisiert die Haltung von Gemeindemitgliedern, die er als eigennützig, selbstsüchtig, ehrgeizig oder gar eitel, prahlerisch und machtgierig beschreibt. Da wollten wohl einige „Die Ersten sein“. Dagegen setzt Paulus die Aufforderung: Lasst Demut walten! Paulus fordert die Gemeindemitglieder zu Bescheiden­heit, Selbstbescheidung, ja – Demut heraus. Niemand soll sich als etwas Besseres sehen, sondern sich zurücknehmen, wo es nötig ist, damit auch andere Beachtung finden und die Hilfe und Fürsorge erhalten, die ihnen zusteht.

Paulus fordert auf: Ändert den Blickwinkel! Nicht die eigenen Interessen oder der eigene Vorteil sollen das Tun und Denken bestimmen. Ja, Paulus erteilt dem Blick auf den eigenen Vorteil sogar eine sehr deutliche Absage.

Denn in dem Abschnitt, der sich an den heute gehörten Abschnitt an­schließt, heißt es: „Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“

Im Geist dieser Worte demütig zu sein bedeutet: Gott Gott sein zu lassen und nicht selber Gott spielen zu wollen. Sich nicht zu erheben über andere. Andere zu achten! Sich in diesem Sinne füreinander zurücknehmen können.

Und das ist kein frommes „Sich selbst klein machen“, sondern im Gegenteil: Das ist menschliche Größe, die dem Vertrauen in Gott selbst entspringt. Dabei hat unsere Achtung nicht jedem Denken und Tun zu gelten. Es ist nicht unsere Aufgabe, allem mit absoluter Toleranz zu begegnen. Das hat Jesus auch nicht getan. Einer intoleranten Haltung kann ich als toleranter Mensch nur mit Intoleranz begegnen.

Darum in Vechta: Bunt statt braun! Gemeinsam gegen die Neonazis!

Aber dennoch gilt, anderen Menschen mit Achtung zu begegnen, egal, was sie denken, glauben oder tun. Wir sollten nicht urteilen, bevor wir nachgefragt haben, bevor wir genau hingehört haben, bevor wir genug vom anderen verstehen.

Sebastian Krumbiegel, der Leadsänger der Popgruppe Die Prinzen, ist der diesjährige Schirmherr der Ökumenischen FriedensDekade. Sebastian Krumbiegel wurde im Juni 2003 im Leipziger Stadtpark selber von zwei Neonazis zusammengeschlagen. Nur die Tatsache, dass ihm jemand zu Hilfe kam, hat Schlimmeres verhindert.

Trotz dieser Erfahrung rechtsextremer Brutalität hat er in einem Interview auch gegenüber den Rechtsextremisten, den Neo-Nazis, zu einer solche Haltung der Achtung ermutigt, wenn er sagt: „Das rechtsextremistische Gedankengut ist da, die Leute sind teilweise so drauf, und wie können wir die Leute verändern? Nur, indem wir versuchen, die Hülle, mit der sie sich selbst umgeben, aufzuknacken und da rein zu gucken und an den weichen Kern zu kommen und da ein bisschen zu streicheln und zu sagen: ‚Hey überleg doch mal, ob das, was du so denkst, wirklich so richtig ist‘.

Andere achten – das ist für mich die Grundvoraussetzung, miteinander ins Gespräch zu kommen. … Kein Mensch wird mit der Intention geboren, Böses zu tun.

Jeder Mensch wird in irgendeiner Weise dazu gemacht und durch seine Umwelt dazu geprägt und man kann nur als einer, der in dieser Umwelt lebt, den Menschen ändern, indem man mit ihm redet und man kann nur mit ihm reden, indem man ihn achtet.“

Andere achten – in Demut. Wie kann das aussehen?

Dazu zum Schluss eine jüdische Geschichte:

Ein weiser Rabbi stellte seinen Schülern einmal die folgende Frage: „Wie bestimmt man die Stunde, in der die Nacht endet und der Tag beginnt?“ Einer der Schüler antwortete: „Vielleicht ist es der Moment, in dem man einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“

Der Rabbi schüttelt den Kopf. „Oder vielleicht dann, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Fei­genbaum unterscheiden kann?“

Der Rabbi schüttelt wieder den Kopf. „Aber wann ist es dann?“

Der Rabbi antwortete: „Es ist dann, wenn Ihr in das Gesicht eines beliebigen Menschen schaut und dort Eure Schwester oder Euren Bruder erkennt. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns.“

Andere achten – in Demut!

„Demut ist der Mut… mit Gott zu rechnen“

Demut gegenüber unseren Mitmenschen:

Christliche Demut – richtig verstanden – steht für gelassene Bescheidenheit, die auch anderen etwas zugesteht. Sprachgeschichtlich kommt das Wort Demut wohl aus einer Kombination von „dienen und Mut“.

Somit ist jemand mutig, der sich einsetzt für andere, auch wenn es keinen Lohn bringt. Demütig sein heißt, menschlich werden und menschlich handeln. Demut ist so das Gegenteil von Neid und einer „Ich-Zuerst-Mentalität“.

Im Prinzip versuchen wir das Konzept von Demut vor Gott auch in unseren Gottesdiensten zu leben. Im Gottesdienst und am Abendmahlstisch sind alle gleich. Da steht der Chefarzt neben der alleinerziehenden Mutter, die Gesunde neben dem Behinderten, der Alte neben der Jungen. Das ist gelebte Demut.

Demütig sein gegenüber Gott:

Gott ist Gott.

Ich bin es – Gott sei Dank! – nicht.

Demütig zu sein, bedeutet anzuerkennen, dass ich auf Gott angewiesen bin – auf das Wort, das mir überliefert ist, auf die Gnade, die mir geschenkt wird, auf die Gaben des Lebens.

In Demut – andere achten!

Andere sehen – andere wahr-nehmen – andere achten!

Möge uns das gelingen … mit Gottes Hilfe. Amen.



fundevogel : Deine Trauer – staubfaenger

16 Sonntag Dez 2018

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Die Trauer und Du …
Die Trauer, dein Gast, erst unerwünscht, später mal eine Freundin?
Sooo schöööön!

Staubfänger

Manchmal stören Gäste. Sie sind lästig. Besonders, wenn Du sie nicht eingeladen hast. Ein Gast, der sich einfach in Dein Leben drängt, egal, wie sehr Du Dich auch bemühst, ihn von Dir fernzuhalten. Manchmal hast Du alles versucht. Warum ausgerechnet zu mir? Bleib doch einfach, wo Du bist! Sogar die Tür wolltest Du vor ihm verschließen, wegfahren, nicht da sein.

Doch am Ende musst Du aufmachen und ihn reinlassen. So schwer es fällt. Unglaublich aufdringlich ist dieser eine Gast.

Gerade hast Du Dich mit Tränen und Schmerzen verabschiedet von einem Teil Deines Lebens. Einer, den Du gern noch da behalten hättest: Der ist gegangen. Und es ist im Moment weder Gedanke noch Wunsch, irgendjemanden hereinzulassen.

Stuhl und Bett sind leer geworden. Ein Teller zu viel kommt aus dem Schrank. Wege, die Ihr zusammen gegangen seid, liegen voll abgefallenen Herbstlaubes. Draußen regnet es – immer. Und jeden Abend wird es früher…

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Gott singt uns ein Lied |Gerlinde Feine | fundevogel

27 Dienstag Feb 2018

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Soooo eine schöööööne Predigt!

Gerlinde Feine

Predigt zu Jesaja 5,1-7
Stadtkirche Böblingen, 25. Februar 2018, Reminiscere
(Im Gottesdienst feiern wir die Taufe eines kleinen Noah)

 I. Noah found grace in the eyes of the Lord

Erinnern Sie sich noch an Bruce Low?

Dunkle Baßstimme, ganz leichter Akzent und Lieder, die ein bisschen nach Western und ein bisschen nach Gospel klangen. Ohrwürmer, die man nicht mehr aus dem Kopf bekam. Und manchmal brauchte es nur ein Wort, um sie wieder anzutriggern.

Noah zum Beispiel. Der Stammvater Israels, der mit der Flut. Über den hat Bruce Low auch gesungen. Ein launiges Liedchen über eine grausige Geschichte, in flapsiger Sprache und mit einem eingängigen Refrain:

Der Herr sah hinab und sprach: „Es ist zu dumm!
Ich schuf die Menschen

doch ich weiß nicht mehr warum.
Seit dem ersten Tag gibt’s Kriege nur und Mord:
Ich schick‘ ein bißchen Wasser
und ich spül sie alle fort.“

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fundevogel : Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst | Religion heute

01 Montag Jan 2018

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Möge uns der Herr

weiterhin zu den Brunnen des Erbarmens führen,

zu den Gärten der Geduld

und uns mit Großzügigkeitsgirlanden schmücken.

Er möge uns weiterhin lehren

das Kreuz als Krone zu tragen

und darin nicht unsicher zu werden

soll doch seine Liebe

unsere Liebe sein.

Er möge wie es auskommt

in unser Herz eindringen

um uns mit seinen Gedankengängen zu erfrischen,

uns auf Wege zu führen,

die wir bisher nicht betreten haben ….

weil die Zukunft Jesus heißt

und weil die Liebe alles überwindet.

(Hanns Dieter Hüsch)

Religion heute

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst (Offb 21,6) – Predigt zur Jahreslosung 2018

Durst ist unerbittlich. Doch Wasser ist gut für das Herz. Jesus gibt lebendiges Wasser.

Durst ist unerbittlich, Treibrad des Lebens. Durst, wer kennt ihn nicht?

Durst nach Wasser, Durst nach Liebe, Durst nach Geborgenheit, Durst ist geradezu ein Kennzeichen alles Lebendigen. Was lebt, was atmet, was noch Kraft in sich spürt, dürstet, doch wonach? Nach Wasser!

Sie hießen Winn Andrews, Charley Hoge, Fred Schneider und Miller, einfach nur Miller. Aus Kansas waren sie aufgebrochen, von Butcher‘s Crossing aus suchten Sie den Weg hoch hinauf in die Colorado Mountains, wo sie Büffel vermuteten, Tausende von Büffel, die sie jagen wollten, allen voran er – Miller. Die ersten Etappen führten sie, ihre Pferde und ihr Ochsengespann mit dem schweren Wagen, auf dem Sie in ein paar Wochen mit Tausenden von Büffelfellen…

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fundevogel : Geburt und Gebären | queerpredigen

24 Sonntag Dez 2017

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Geburt und Gebären

Damals
  als Gott
  im Schrei der Geburt
  die Gottesbilder zerschlug
  und
  zwischen Marias Schenkeln
  runzlig rot
  das Kind lag.“                       
  (Kurt Marti, Gedichte am Rand)
Da feiern wir also heute Geburtstag – und wissen doch herzlich wenig über die Umstände dieser Geburt. Selbst wo sie stattfand, in Bethlehem oder doch anderswo, in Nazareth oder unterwegs, ist nicht sicher. Doch bei uns ist es ähnlich. An das Ereignis selbst können wir uns nicht erinnern. Niemand kann sich an die eigene Geburt erinnern. Das ist Sache der Mütter. Und für die Mütter ist jede Geburt ein Einschnitt und so eigen und unverwechselbar wie das Kind, das da zur Welt kommt. Die Mütter tragen das Wissen um die Geburt und den Schmerz eines jeden Kindes in sich.
Vielleicht hätte Maria gestaunt und wäre ein bisschen neidisch geworden, wenn sie hört, wie Frauen heute gebären können: als Wassergeburt, auf einem Gebärstuhl, mit Akupunktur zur Schmerzlinderung. Es gibt Geburtshäuser für eine sanfte Geburt und die Möglichkeit zur Hausgeburt.     Für die meisten Frauen sieht Geburt nach wie vor anders aus. Viele haben nicht einmal eine Hebamme. 500.000 bis 600.000 Frauen sterben weltweit in jedem Jahr an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt.
Unser Leben beginnt mit Blut und Schleim, und so kommt Gott in diese Welt. Während Adam und Eva nach der Bibel aus Ton geformt oder aus einer Rippe gebaut wurden – was völlig wider die Natur ist -, wird Gott geboren. Gott ist so Teil aller Kreatur und mit allem Lebendigen verbunden.
Am Anfang sind alle gleich, die kleinen Lämmer, Kälber, Welpen, Fohlen oder Menschlein. Alle werden von ihren Müttern geboren. Alle kommen sie als hilflose Wesen zur Welt, müssen erst einmal nur gefüttert oder gesäugt werden, gewärmt, geschützt und umsorgt über eine mehr oder weniger lange Zeit. Was sie sonst in ihrem Leben brauchen, lernen sie erst später. Die Geburt verbindet die Tiere und die Menschen und auch Gott. Wenn unsere Mutter uns nicht neun Monate in ihrem Leib getragen und genährt hätte, wenn sie uns nicht unter Wehen und Schmerzen aus sich herausgetrieben hätte, so gäbe es uns nicht. Jedes lebende Wesen ist Sohn oder Tochter von. Margot, Tochter der Adelheid, Werner, Sohn der Edith, Agnes, Tochter der Martha, Jesus, Sohn der Maria, Tochter der Anna [hier Namen des Predigers / der Predigerin und aus der Gemeinde einsetzen].
Maria, Mutter von Jesus, Tochter von Anna. Wir werden hineingeboren in ein Netz von Beziehungen. Es trägt uns und engt uns ein, es bedeutet Leben empfangen und weitergeben, aber es schnürt auch ab und fesselt. Fäden werden von anderen gezogen, oft hängt eins am anderen. Gott begibt sich hinein in dieses Geflecht. Jesus wird hineingeboren in unsere vernetzte Welt, wird Teil davon und bringt doch Neues. Daß Jesus Teil dieses Netzes wird, beeinflusst das gesamte Netz. Wir sind mit Gott verbunden und Gott mit uns.
Maria durch ein Dornwald ging. Die Geburt ist ein mühevoller, schmerzlich langer Prozess. Er kann unterstützt oder erleichtert werden. Gänzlich abkürzen oder umgehen lässt er sich nicht, außer beim Kaiserschnitt. Dieser Prozess, die Geburt, gehört dazu und folgt eigenen Gesetzen. Niemand kann vorhersagen, wann sie beginnt und wie sie verläuft. Die Wehen setzen ein nach ihrer eigenen Zeit und mit einer Stärke, die nur sie kennen und die sich jedem Willen entzieht. Es ist eine geheimnisvolle Macht, die in der Frau wohnt und die sie doch nicht beeinflussen kann.
Bei Maria soll es auf dem Weg nach Bethlehem soweit gewesen sein. Keine ideale Zeit, sowenig wie bei vielen Frauen, die unterwegs gebären, auf der Flucht, im Straßengraben oder am Ackerrand. Die Kraft von Gottes Geist wird über dich kommen und dich überschatten, hatte der Engel ihr verkündet, damals, und nun überfiel sie Kraft und sie musste gebären; und das Heilige, das geboren wurde, wurde Gottes Sohn genannt, wie es der Engel gesagt hatte (LK 1,35).
Maria in den Wehen, die Fruchtblase platzt, das Köpfchen ist zu sehen, der Körper rutscht heraus, das Baby wird auf ihren Bauch gelegt, die Nabelschnur abgebunden und durchtrennt. Aus „eins“ wird zwei. Jesus kommt zur Welt. Gott wird Mensch. Viele Maler haben die Geburt Christi dargestellt. Doch eine richtige Geburt ist darauf nicht zu sehen. Sie haben stattdessen Anbetungsszenen gemalt, manchmal Maria im Wochenbett mit der Hebamme oder sogar Josef, der die Wochensuppe kocht. Auch auf unserem Altargemälde sehen wir eine junge Frau, die vor dem Jesusknaben in der Stroh-Mandorla kniet. Maria wirkt blond und frisch, keineswegs erschöpft. Die eigentliche Geburt ist ausgespart. Ist es wirklich nur die Scheu, Körperliches öffentlich zu zeigen? Beim Tod von Jesus gibt es diese Scheu nicht. Die Maler waren keineswegs befangen, den sterbenden oder toten Jesus realistisch darzustellen, mit Wunden und Schmerz. Ist für unsere Kultur das Sterben prägender und einprägsamer als das „Geborenwerden und Gebären“ (Ina Prätorius)?
Für Jesus ist es als erwachsener Mann sehr präsent und nah, was eine Frau während der Geburt erlebt: Schmerz, Abschied, Todesnähe, Angst, Freude. Hat es ihm Maria erzählt und hat er an sie gedacht, als er sich von seinen Jüngern verabschiedet: „Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist. Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen“ (Joh 16,21 f). Die Leiden, auf die er selbst zugeht, sind bei ihm die Geburtsschmerzen oder Wehen bei der Geburt einer neuen Menschheit. Vater, die Stunde ist da, betet er wenige Verse später (Joh 17,1).
Heute feiern wir Geburtstag. Jesus, so heißt es schon in der Bibel, ist der neue Adam, der neue Mensch. Maria wurde in der Tradition zur neuen Eva. Das Beziehungsgeflecht wird neu geordnet. Göttliches Erbarmen kommt aus dem Mutterleib zu den Menschen. Im Hebräischen gehören die Wörter für Erbarmen und Gebärmutter oder Mutterleib zusammen, racham und rächäm. Das Erbarmen Gottes wurde zum Schoß der Maria, der das kleine Baby Jesus in unsere Welt hineingleiten lässt. Das Geburtstagskind würde es vermutlicherweise für die beste Ehrung halten, wenn diese Geburt, das Geborenwerden und Gebären sich bei uns fortsetzt. Der schlesische Dichter Angelus Silesius (1624 – 1677)  hat es so ausgedrückt: „Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geborn und nicht in dir: du bleibst noch ewiglich verlorn.“ (Cherubinische Wandersmann, I, 61)

Quelle: Geburt und Gebären

fundevogel : Heiligabend: die Hebamme | queerpredigen

21 Donnerstag Dez 2017

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Heiligabend: die Hebamme

Die Hebamme hat Bereitschaftsdienst. Ein Baby kann jederzeit kommen, zwei Wochen zu früh oder zehn Tage nach dem Termin. Es richtet sich nicht nach Schichtplänen oder freien Wochenenden. Ein Kind kommt genau dann, wenn seine Zeit da ist. Dann will es geboren werden, und dann muss sie da sein. Eine Hebamme ist immer im Dienst. Sie sieht, ob das Kind richtig liegt. Sie beruhigt die Mutter. Sie hält ihre Hand, wenn die Wehen kommen. Ihre Hände sind die ersten, die das Baby auf dieser Welt empfangen. Sie halten es, wenn es den ersten Schrei tut. Sie hüllen es ein und übergeben es der Mutter, sie legen das Baby an, damit es trinken kann. Eine Hebamme betreut Mutter und Kind nach der Geburt in den ersten Tagen und Wochen.

Sie kennt sich aus mit den Gefahren für Mutter und Kind. Dass eine Geburt ohne Komplikationen verläuft und das Baby gesund ist, liegt nicht nur in ihrer Hand. Sie weiß, was alles schiefgehen kann. Eine Hebamme sieht auch, wenn die Mutter verstümmelt wurde.
Früher waren Hebammen die einzigen, die raten konnten, wenn eine Frau mit verweinten Augen vor ihr stand und nicht weiterwusste. Oder die ein Tränklein wußte, damit eine Frau endlich guter Hoffnung sein konnte. Eine Hebamme ist immer im Dienst.

Maria bekommt ein Baby. Ihr erstes. Das ist aufregend. Und ein bisschen unheimlich. Wie wird die Geburt?

Sie sind unterwegs. Die Wehen kommen. Maria kann nicht mehr weitergehen. Sie muss sich jetzt hinlegen. Das Kind ist wichtiger als der Weg, das Versteck. Maria braucht eine Hebamme. Jesus braucht eine Hebamme.

Sologesang: Nun wandre, Maria (Hugo Wolf)

Erst wurden die Versicherungsprämien so unverschämt hoch, dass die meisten freiberuflichen Hebammen aufgegeben haben. Als ob es eine Garantie gäbe für eine schnelle Geburt, ein fehlerloses Baby und ein sorgenfreies Leben. Inzwischen schließen immer mehr Krankenhäuser ihre Geburtsstationen, weil es so wenig Hebammen gibt, dass die Kliniken keine Dienstpläne mehr aufstellen können. Aber wo soll Maria hingehen, wenn die Wehen immer häufiger kommen?

Die Bibel berichtet nicht, wie Maria die Geburt überstanden hat. Wenigstens musste sie ihr Kind wohl nicht im Freien bekommen oder am Straßenrand. Vielleicht haben ihr auch andere Frauen geholfen. Oder Josef hat das Neugeborene abgenabelt. Auf mittelalterlichen Gemälden hält er manchmal einen Suppentopf in den Händen. Josef kocht die Wochensuppe, die Maria neue Kraft geben soll.

Bei der Geburt sind Mutter und Kind am verletzlichsten. Wenn keine Hebamme da ist, müssen andere einspringen. Sie müssen das Kleine behüten und alles, was noch unfertig ist und unsicher und sich erst noch entwickeln will. Sie müssen beschützen, die verletzlich sind in unserer Mitte, die ihren Platz nicht gefunden haben oder herumgeschubst werden. Wir brauchen viele Hebammen. Auch für das Verletzliche und Unfertige in unserem eigenen Inneren. Für Gefühle, Fragen, Gedanken, die in uns reifen und die uns verändern wollen. Solche Hebammen können alle sein, Männer, Frauen, Kinder. Und manchmal wissen sie es selbst nicht, dass sie gerade als Geburtshelferinnen unterwegs sind.

Als Jesus später unter Schmerzen starb, wandelte Gott sich ihm zur Hebamme – zu der Hebamme, die er als Baby vielleicht nie gehabt hat. Gott, warum hast du mich verlassen, rief er. In diesem Gebet heißt es weiter: Gott, du hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen, du ließest mich geborgen sein an der Brust meiner Mutter (Psalm 22,10). Jesus braucht eine Hebamme. Zu Weihnachten. Als er stirbt. Am Karfreitag wird Gott selbst eine.

„Ob wir wollen oder nicht – wir bekommen ein Kind. Das ist Weihnachten“, schreibt Ilse Junkermann, unsere Bischöfin [Weihnachtsbotschaft 2017].  Die Hebammen des Lebens sorgen dafür, daß es geboren werden kann. Eine Hebamme ist immer im Dienst, ob für das göttliche Kind, das Kind in uns oder die Kinder um uns herum.

 

Weitere Predigten in der Advents- und Weihnachtszeit: hier

Quelle: Heiligabend: die Hebamme

fundevogel : Brief an Maria | queerpredigen

20 Mittwoch Dez 2017

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Brief an Maria

Von wem ist denn nun dein Kind, Maria?
Einmal erzählen sie, als es passierte, warst du eigentlich mit Josef zusammen, aber er war nicht der Vater.
Deshalb wollte er Schluss machen – natürlich nur zu deinem Besten, wie er sagte.
Und es musste erst ein Wunder geschehen, damit er dich nicht mit deinem dicken Bauch sitzen lässt.
Jemand hat mit Engelszungen mit ihm geredet, und er blieb. War sicher nicht ganz einfach mit euch beiden, auch später nicht.
Andererseits habe ich gehört: Als du merktest, dass du schwanger bist, sollst du vor Schreck gerufen haben: „Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß!“
Also hast du ganz und gar allein dagestanden, ohne einen Festen, hast ganz allein auch die giftigen Blicke ausgehalten: eigentlich gehört so eine gesteinigt. Und das hätte dir ja durchaus passieren können vor 2000 Jahren.

War ganz schön mutig von dir, oder wusstest du einfach keinen anderen Ausweg? Hättest du es wegmachen lassen – können ? wollen?
Hoffentlich haben dich deine Eltern nicht gleich ‘rausgeschmissen. Du sollst ja ziemlich jung gewesen sein. Teenagerschwangerschaft.
Was nun mit dem Erzeuger ist, wird selbst in der Bibel nicht klar. Deshalb glauben inzwischen manche, es wird wohl doch Josef gewesen sein.

Jedenfalls – als es geboren war, da war es ein so göttliches Kind – ein richtiges Gotteskind! DAS Gotteskind, der Gottessohn, das behauptet sogar die Bibel. Das Kind ist vom Heiligen Geist, ja, so war es, auch wenn außer dir sonst niemand dran glauben wollte.
Du hattest keinen Vater, aber Gott ist eingesprungen als Vater, hat es als Kind angenommen und auch dir die Ehre wiedergegeben.
Dafür hast du einen Heiligenschein bekommen, einen richtigen, mit Gold, und so habe ich dich schon in vielen Kirchen bewundert.
Maria, in ungeklärten Familienverhältnissen, du hast ein Gotteskind, und damit bist du – eine richtige Gottes-Mutter!
Frohe Botschaft für dich, Maria, und all die anderen?!

Weitere Predigten in der Advents- und Weihnachtszeit: hier

Quelle: Brief an Maria

fundevogel : Engel | queerpredigen

10 Sonntag Dez 2017

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≈ Ein Kommentar

„Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ ( Psalm 91,11) – mein Schutzengel-Vers. Danke.

queerpredigen

Da war diese seltsame Geschichte in der Adventszeit. Ich muß drei oder vier gewesen sein. Der Weihnachtsbaum auf dem Markt, riesig und leuchtend, hatte es mir angetan, und ich wollte ihn gern einmal in aller Ruhe betrachten. In der Dunkelheit eines Nachmittags machte ich mich schließlich auf den Weg in die Stadt. Allein. Wie ich über die große Straße kam, um den Baum mit großen Augen zu bestaunen, weiß ich nicht. Jedenfalls fand ich mich schließlich an einer großen Hand vor, die mich wieder nach Hause brachte.

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Galerie

fundevogel : Wenn Zeit und Ewigkeit sich küssen | Jippie!Au ja!’s Predigt zum Totensonntag 2017 | Jippie! Auja!

29 Mittwoch Nov 2017

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Diese Galerie enthält 9 Fotos.

Ursprünglich veröffentlicht auf Jippie! Au Ja!:
Am Totensonntag  2017 gab es in der REFO Moabit einen besonderen Gedenkgottesdienst. Und ich habe zu Offenbarung 21,…

Zum 9. November-Gedenken : „Der Klang des Friedens“

09 Donnerstag Nov 2017

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peacefahne

„Klang des Friedens“

Klang des Friedens, ja – wie klingt denn der Friede? Ich weiß nicht, wie die Antwort für Sie hier in der Kirche lautet? Mir kamen beim längeren Nachdenken so einige Erinnerungen und Vorstellungen.

Wie klingt der Friede?

Als Jugendliche, damals 1972, als 14jährige im Konfirmandenunterricht, haben mich folgende Friedensklänge tief beeindruckt … und sie berühren mich noch heute:

„Heute sage ich euch, meine Freunde, trotz der Schwierigkeiten von heute und morgen habe ich einen Traum. Es ist ein Traum, der tief verwurzelt ist in amerikanischen Traum.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages diese Nation sich erheben wird und der wahren Bedeutung ihres Credos gemäß leben wird: „Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: dass alle Menschen gleich erschaffen sind.“

Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird. Ich habe einen Traum heute . . .
Ich habe einen Traum, dass eines Tages in Alabama mit seinen bösartigen Rassisten, dass eines Tages genau dort in Alabama kleine schwarze Jungen und Mädchen die Hände schütteln mit kleinen weißen Jungen und Mädchen als Brüder und Schwestern.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und Berg erniedrigt wird. Die rauhen Orte werden geglättet und die unebenen Orte begradigt werden. Und die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und alles Fleisch wird es sehen. Das ist unsere Hoffnung!“

Martin Luther Kings Traum, über 53 Jahre alt, ist bis heute für viele Menschen eine Vision des Friedens, ein Klang des Friedens! 2008 und 2012 wurde ein Schwarzer in den USA zum Präsidenten gewählt!

martin luther king

Quelle: youtube

Wie klingt Frieden?

Eine kurze bekannte rabbinische Geschichte: „In einer jüdischen Legende fragt der Rabbi seinen Schüler: Wann ist der Übergang von der Nacht zum Tag? Und der gab zur Antwort: Wenn du das Gesicht eines Menschen erkennst und darin das Gesicht deines Bruders oder deiner Schwester entdeckst, dann ist die Nacht zu Ende, und der Tag ist angebrochen.“

Ja, so klingt der Friede, so wird es heller Tag, und Friede kann sein … mit dem Menschen neben mir, den ich als Mitgeschöpf Gottes erkenne und achte.

Wie klingt Frieden?

Ein Glaubensbekenntnis aus dem Jahr 1943 von Dietrich Bonhoeffer – für mich ein Friedensklang:

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

Dieses Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer ist Teil eines längeren Textes, den Bonhoeffer 1943 unter dem Titel: „Nach zehn Jahren“ schrieb. Zehn Jahre nach der Machtergreifung Adolf Hitlers, – ein Klang des Friedens.

Auf diesem Hintergrund klingen manche der Sätze Bonhoeffers in diesem Bekenntnis plötzlich ganz anders. Vielleicht sogar provozierend:

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Auch aus dem Nationalsozialismus? Auch aus Krieg und Massenvernichtung?

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Ein harter Satz. Aus allem. Auch aus dem Bösesten. Das fällt uns schwer, nach zu sprechen. Weil alles in uns sich dagegen auflehnt.

Wir fragen doch eher: muss es das Böse wirklich geben? Muss es wirklich Hass und Vernichtung und Krieg geben? Was ist das für ein Gott, der solches zulässt?

Und doch: Wir ahnen, dass in diesen Satz eine Wahrheit verborgen liegt. Eine Wahrheit, die sich erst erschließt, wenn ich meinen Horizont überschreite. Abstand zu mir selbst bekomme. Was mir oft genug nicht leicht fällt. Doch wenn es gelingt:

was hat es mit meinem Leben auf sich? Was wird einst bleiben? Was wird von mir übrig bleiben? Glaube ich, so glaube ich doch, dass ich einst für immer Frieden finde. Und das lässt manches hier auf Erden in einem anderen Licht erscheinen.

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Ein Klang des Friedens.

bonhoeffer-house-berlin.net

Quelle: bonhoeffer-house-berlin.net

Wie klingt Frieden?

Noch ein letzter Klang des Friedens aus meinem Nachdenken. Über zehnmal war ich mit Konfirmandengruppe nnach Hamburg unterwegs. Unsere Fahrten hießen: „Gegen das Vergessen!“ also: Erinnern – damit es nie wieder geschieht.

Es ging nach Hamburg-Neuengamme, wo heute eine Gedenkstätte an das dortige Konzentrationslager erinnert. Über 100.000 Menschen sind dort interniert gewesen aus nahezu allen europäischen Ländern, 55.000 dort umgekommen.

Dieses Lager hatte wie die vielen anderen KZ’s in Deutschland das Programm „Vernichtung durch Arbeit“. Die KZ-Häftlinge bekamen wenig zu essen, nur schlechte Bekleidung, kaum medizinische Versorgung … und mussten meist sehr schwer im Freien arbeiten. Vernichtung durch Arbeit!

Zuerst besuchten wir meist eine frühere Schule in Hamburg-Wilhemsburg, die nach dem ersten verheerenden Bombenangriff auf Hamburg 1942 als einziges Gebäude in einem dichtbesiedelten Wohngebiet stehen geblieben war, und die deshalb ein Außenlager des KZ-Neuengamme wurde, in dem KZ-Häftlinge leben mussten, die die Aufräumarbeiten erledigen mussten, also Schutt wegräumen, Leichen aus den Kellern bergen und abtransportieren …

Unser Stadtführer erzählte: „1942, da war ich 8 Jahre alt. Ich lebte hier in Hamburg. Ich habe keinen Tag im Krieg Hunger gehabt. Es gab immer genug zu essen, denn die Deutschen hatten ja genug Länder besetzt, aus denen sie Lebensmittel nach Deutschland bringen konnten.

Und wenn es Bombenalarm gab, konnte ich mich mit meiner Mutter in einen Bunker flüchten. Aber diese armen Menschen, sagte er, diese armen Menschen in den Lagern bekamen kaum zu essen, waren nur dünn bekleidet, wurden medizinisch schlecht versorgt … und bei Bombenalarm mussten sie im Freien bleiben. Das konnte ich, das konnten wir damals in Hamburg alle sehen und mitbekommen!“

gedenkstaette neuengamme

Am Gedenkort sind die Namen der 55000 Toten aus Neuengamme auf langen Fahnen zu lesen. Quelle: http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

Und an anderen Orten sicher auch!

Der Klang des Friedens – das ist auch und vor allem das Erinnern mit einem mitfühlenden Herzen … gegen das Vergessen! Und genauso sollten wir uns heute mit einem mitfühlenden Herzen an die Schicksale der Juden und aller Verfolgten des NS-Regimes erinnern – gegen das Vergessen!

Auch im Blick auf den Holocaust, auf die Massenvernichtung jüdischer Menschen in den Vernichtungslagern im Osten, brauchen wir das Erinnern mit einem mitfühlenden Herzen, damit dieses bodenlose Unrecht nie vergessen wird … auch das – ein Klang des Friedens.

Darum empfinde ich den 9. November als einen der wichtigsten Gedenktage unserer Zeit!

Wie klingt Frieden?

Für die Juden klingt Frieden so: Schalom! Und in diesem hebräischen Friedenswort „Schalom“ klingt der umfassende Friede an, den Gott allen Menschen und allen Völkern verspricht: Schalom, das sind Ruhe und Sicherheit, Schalom ist das Geborgenheit, Schalom, das ist das absolute Wohlergehen, Schalom bedeutet: Frieden und Gerechtigkeit. Schalom – nicht irgendwann einmal, womöglich erst in der Ewigkeit bei Gott, Schalom soll und wird schon hier auf Erden beginnen – so hat es Gott versprochen!

Schalom – lassen Sie uns jetzt hören, wie der Friede klingt … Amen.

friedenstaube

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